Sechs aktuelle Bundessieger von Jugend forscht vertreten Deutschland ab morgen beim 29. European Union Contest for Young Scientists (EUCYS) in Tallinn. Am Gipfeltreffen der besten Nachwuchswissenschaftler Europas, das im SpaceX Event Center in der estnischen Hauptstadt stattfindet, nehmen 146 Jungforscherinnen und Jungforscher aus 38 Ländern teil. Die jungen Talente zwischen 14 und 21 Jahren präsentieren in zehn Wettbewerbskategorien insgesamt 89 Forschungsprojekte, die von einer 20-köpfigen internationalen Expertenjury bewertet werden.
Die deutschen Teilnehmer qualifizierten sich beim Jugend forscht Finale Ende Mai 2017 für den diesjährigen EU-Wettbewerb: Philipp Sinnewe aus dem saarländischen Sotzweiler präsentiert ein innovatives Flugzeugtriebwerk. In seinem Forschungsprojekt untersuchte er, ob es eine effizientere und damit klimafreundlichere Alternative zu gängigen Flugzeugtriebwerken gibt. Er baute ein kleines Modell eines Strahltriebwerks und erprobte damit eine neue Art von Treibstoff: Zusätzlich zu Kerosin verwendete er ein Wasser-Alkohol-Gemisch. Das Wasser hat dabei die Funktion, sich beim Verdampfen im Triebwerk auszudehnen und so den Schub zu erhöhen. Die Versuche auf seinem selbst gebauten Triebwerk-Teststand legen nahe, dass sich im Vergleich zur ausschließlichen Verwendung von Kerosin gut ein Drittel an CO2-Emissionen einsparen lässt. Beim 52. Bundeswettbewerb gewann der 18-Jährige den Preis des Bundespräsidenten für eine außergewöhnliche Arbeit.
In Tallinn an den Start gehen auch die Chemie-Bundessieger Johannes Waller (18) und Philipp Kessler (17) aus Ludwigsburg mit ihren Untersuchungen zur sogenannten Fehling-Probe. Mit ihr wurde früher Diabetes diagnostiziert, heute ist die charakteristische Rotfärbung immer noch ein Schulbeispiel für eine pH-abhängige Redox-Reaktion. Den Jungforschern fiel allerdings auf, dass die beiden Zucker Glucose und Fructose dabei unterschiedlich schnell reagieren, was sich mit der Molekülstruktur nicht erklären lässt. Ihre Laborversuche belegen, dass die Fehling-Probe einer komplexeren Chemie folgt als im Schulbuch dargestellt: Während der Reaktion entstehen verschiedene Zwischenstufen und Oxidationsprodukte, die ihrerseits reduzierend wirken. Die Färbung folgt bei beiden Zuckern unterschiedlichen Mechanismen und hängt von der Bildung bestimmter Zwischenprodukte ab. Das erklärt, warum die Fehling-Reaktion Fructose schneller rot färbt als Glucose.
Trifft ein Wasserstrahl auf eine raue Oberfläche, etwa ein Holzbrett, können sich überraschend regelmäßige Muster bilden, die an das Innere einer Sonnenblume erinnern. Mit der Frage, wie diese spiralähnlichen Strukturen entstehen, befassten sich die Physik-Bundessieger Matthias Grützner (16), Julian Egbert (16) und Arne Geipel (16) aus Berlin. Ihre Theorie: Die Ursache sind die winzigen Erhebungen, die raue Oberflächen aufweisen. An diesen bricht sich das fließende Wasser und bildet in der Folge spiralartige Muster. Die Jungforscher überprüften diese Theorie anhand eines Experiments, bei dem sie einen Nagel von Wasser umströmen ließen und die Abläufe mit einer Kamera aufzeichneten. Das Ergebnis bestätigte ihren Erklärungsansatz.
Den jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern winken Preise im Gesamtwert von mehr als 50.000 Euro sowie Praktika und Forschungsreisen. Die Sieger werden am Montag, dem 26. September 2017 in einer Feierstunde im Opern- und Konzerthaus Estonia in Tallinn ausgezeichnet. Der European Union Contest for Young Scientists wird von der Europäischen Kommission veranstaltet. Ziel ist die Förderung des wissenschaftlichen Austausches und der Zusammenarbeit zwischen jungen Forscherinnen und Forschern.